Eine Zeichnung des kleinen Prinzen: Ein dunkelblauer Hintergrund. Der kleine Prinz steht auf einem Planeten dessen Oberfläche grün ist. Vor ihm stehen 3 weiße Schafe.

Der kleine Prinz und ich

Eine Voraussetzung für das Verständnis meiner kleinen Alltagsgeschichte ist die Kenntnis des kleinen Prinzen. Eine einzigartig-faszinierenden Beschreibung des Lebens von diesem Weltbürger mit dem französisch klingenden Namen (Antoine de Saint-Exupéry). Und wie mir „Der kleine Prinz“ half und hilft das Leben zu verstehen, hilft mein kleiner Prinz mir das Leben zu meistern. Er ist ein ständiger Begleiter, meine Orientierungshilfe und ein Freund, der für mich spricht, wenn ich keine Worte mehr finden kann. Wie auch sein in einen Buch lebender Namensvetter ist er nicht besonders groß, aber jeder Zentimeter seines schlanken Körpers ist mit Gold nicht aufzuwiegen. Aber für die, die es genau haben wollen: 140 cm. Flinkfüßig gleitet er vor mir her, durch seinen Anblick laut rufend: „Achtung! Achtung! Achtung!“. Doch er ist nicht nur mein Herold, der mich ankündigt, sondern, er sagt mir auch:“Paß auf, vor DIR ist eine Laterne und da kommt eine Kante, was für eine weiß ich auch nicht, aber ich kann DIR helfen es herauszufinden.“

Aber nun zum Beginn, nämlich dorthin, wo wir uns kennengelernt haben. Es war ein strahlend schöner Tag vor nunmehr 20 Jahren. Es muss ein solcher gewesen sein, denn dies war eine schicksalhafte Begegnung, die nach einem strahlend schönen Tag schreit. Als wir uns vorgestellt wurden dachte ich, Rebell der ich war: „Was brauch ich dich schon? Lebe ich nicht ohne dich auch recht gut? Bist du nicht die körpergewordene Stigmatisierung meines Lebens?“ Wie sehr unsere spätere tiefe Freundschaft meine Gedanken Lügen strafte war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar…

Ich war beim sogenannten „Mobilitätstraining“, bei dem ich mich an ihn gewöhnte, seine zarte Zerbrechlichkeit erahnte, seine Eigenheiten kennen- und vor allem seinen Nutzen schätzen lernte. Aber durch meine einfühlsame Lehrerin, Andrea ihr Name, fanden wir schließlich zueinander. Indem wir durch die Stadt zogen, mein kleiner Prinz und ich, nebenher, hinterher oder voraus gehend. Andrea, die mich immer wieder zur Geduld mahnen musste, da ich ihn ja eigentlich gar nicht wollte. Aber  ich wusste auch, dass ich mich ohne ihn nicht mehr weiterentwickeln konnte, weil ich schon an den Grenzen meines damaligen Lebens angelangt war. Denn zu einem tierischen vierpfötigen Begleiter konnte ich das nötige Vertrauen nicht aufbringen. So gewöhnten wir uns allmählich aneinander, er lernte mit meiner Ungeduld umzugehen und ich lernte seine Sprache kennen, mit der er mich hinwies, warnte, antrieb, wie es gerade recht war. Nun, 20 Jahre, viele Erfahrungen und Einsichten später sind wir enge Freunde.

Der kleine Prinz ist nicht nur eine wunderbare Geschichte, sondern auch die liebevolle Bezeichnung meines Blindenstockes! Über diese Freundschaft gibt es noch viel zu berichten.