Ein älterer Mann mit Kappe und Brille sitzt auf in einem Cafe, raucht Pfeife und ist in die Ferne gerichtet. Darüber steht "Seid Geduldig"

Ein Leitfaden für den offenen Umgang mit sehenden Menschen!

Grundsatz #1: Habt Geduld!

Dieser Leitfaden richtet sich an alle blinden oder sehbehinderten Menschen denen von sehenden Hilfe angeboten wird. Ein paar interessante (und auch in der Realität auftretenden) Beispiele an Hilfsangeboten, die die Geduld blinder Menschen herausfordern könn(t)en:

…Tipps zur positiven Lebensführung bekommen

…durch Handauflegen oder spontane Gebete Heilung herbeiführen wollen

…Versuche non-verbal zu kommunizieren

…oder ähnlich absurde Situationen

Meistens ist das Ganze ja gut gemeint, verzichtbar oder wenigstens verbesserungswürdig sind aber fast alle dieser Situationen. Hier aber doch ein paar (ernstere und unernstere) Ratschläge meinerseits:

Wirst du von einer sehenden Person spontan und wortlos am Arm gepackt um (gewünschte oder unerwünschte) Hilfe an dir auszuführen, tu ihm oder ihr bitte nicht weh! Sie/er weiß es doch nicht besser…

Betrittst du einen Raum und hinter dem (Anmelde-)Schalter ist Stille, so ist das nicht weil eine Seuche alle dahingerafft hätte, sondern weil dir vermutlich ein fragender, vielleicht auch ängstlicher Blick zugeworfen wird. Sehende wissen oft nicht ob Blindheit/Sehbehinderung nicht doch auch etwas mit Gehör- und Stimmlosigkeit zu tun hat… Sprich die Sehenden an und versuche doch mal ihm oder ihr dein Anliegen zu erklären. Vielleicht geht ihnen so doch noch ein Licht auf.

Das gilt auch für Situationen in denen du mit sehenden Begleitpersonen unterwegs bist. Du möchtest zum Beispiel was gegen Magenbeschwerden besorgen und gehst mit einer Begleitperson in die Apotheke. Die Person hinter der Theke fragt deine Begleitperson „was er/sie denn will…?“, weil der offensichtlich nicht herstellbare Blickkontakt auch die Kommunikation durch Sprache zu verbieten scheint. Dann kläre doch darüber auf, dass deine Begleitperson wohl kaum wissen kann was du brauchst. Es heißt schließlich aus gutem Grund „BEGLEITperson“. Ohne Geduld kommst du hier aber leider oft nicht weit…

Stellt sich dir ein/eine Sehende/r in den Weg, die/der dir auf den Kopf zusagt, dich von deinem unsäglichen Leiden befreien zu können und dir die Hand auf die Stirn legt und mit zittriger Stimme und Hand ein innbrünstiges Gebet (oder ist es doch ein Apfelstrudel-Rezept?) murmelt oder mit dir Gebete rezitieren möchte, hab Geduld: Die Sehenden wollen doch nur helfen… Anmerkung am Rande: Sowohl das eine als auch das andere haben nur eine Wirkung, nämlich keine!

Wirst du von Sehenden in extrem verlangsamtem Tempo begleitet, obwohl der Weg eine raschere Gangart zuließe? Deine Begleitung glaubt vermutlich, dass die Sehkraft auch mit einem Leiden in den Beinen zusammenhängt. Hab Geduld, auch wenn du vielleicht ohne dieser Hilfe schneller und sicherer an dein Ziel kommen würdest. Die Sehenden meinen‘s doch nur gut…